Natur am Stoa in der Gemeinde Edling

Nördlich von Edling befindet sich die ehemalige Kiesgrube „Am Stoa“. 1989 kam beim Abbau ein riesiger Findling mit einem Gewicht von ca. 200t zum Vorschein, der in der Würmeiszeit vom Inngletscher aus den Alpen bis hier in die Endmoräne geschoben wurde.

Nach Ende des Kiesabbaus in den 1990ern wurde die Kiesgrube rekultiviert und der „Stoa“ zum Wahrzeichen der Fläche, auf der der Aktionskreis Edling Kultur und Heimat e.V. das Open-Air-Kino am Stoa und andere Veranstaltungen organisiert. Im Zuge der Rekultivierung wurden auch einige ökologische Maßnahmen durchgeführt: die Modellierung von Kleingewässern, einem mageren Hang und einer Lichtung mit Findlingen in den Bereichen die weniger stark für Veranstaltungen genutzt werden. Fast 30 Jahre später hat sich das Bild der ehemaligen Kiesgrube stark verändert: Mittlerweile sind viele Bereiche von Gehölzen bestanden, erste große Bäume sind herangewachsen.

Um auch die wertvollen Offenlandlebensräume zu erhalten, wurden für die drei Schwerpunktflächen Westhang, Senke mit Kleingewässer und Lichtung Entwicklungskonzepte erarbeitet. Zusammen mit dem Aktionskreis Edling wurden bzw. werden 2024/2025 die Maßnahmen zur ökologischen Optimierung umgesetzt.

Blumenwiese am Hang

Am Westhang soll eine artenreiche Mähwiese etabliert werden. Diese sind ein charakteristisches Element der bayerischen Kulturlandschaft und Lebensraum für eine Vielzahl an mittlerweile selten gewordenen Pflanzen und Tieren. Bis zu 50 Pflanzenarten und mehrere hundert Tierarten können darin leben. Noch vor einigen Jahrzehnten prägten die blütenreichen Mähwiesen flächendeckend die Landschaft. In der modernen Landwirtschaft werden Wiesen jedoch meist stark gedüngt und 5-6-mal im Jahr gemäht. Dabei können die wenigsten Pflanzen mithalten und es setzen sich nur wenige, konkurrenzstarke Gräser und zähe Pflanzen wie Löwenzahn durch. Gleichzeitig wurde bei ertragsarmen Flächen die Bewirtschaftung größtenteils aufgegeben, sodass die artenreichen Wiesen vielerorts verbuschen. Die kaum gedüngten und zweimal im Jahr gemähten Blumenwiesen sind dadurch nahezu aus der Landschaft verschwunden. Das bedroht nicht nur die dort lebenden Pflanzen, sondern auch die Tierarten, die auf diese Lebensräume angewiesen sind. Besonders betroffen sind Bestäuber wie Wildbienen und Schmetterlinge, die oft auf bestimmte Pflanzenarten spezialisiert sind, wie zum Beispiel die Knautien-Sandbiene.

Damit dieser selten gewordene Lebensraum nicht aus der Landschaft verschwindet, wurde der Hang am Stoa entbuscht, gefräst und Saatgut von anderen Blumenwiesen im Landkreis eingebracht.

Kleingewässer

Kiesabbauflächen sind mittlerweile wichtige Lebensräume für viele Pionierarten, also Tiere und Pflanzen, die auf Rohböden und neu entstandene Gewässer spezialisiert sind. Mehrere seltene Amphibienarten wie z.B. Gelbbauchunke und Laubfrosch benötigen flache, junge Gewässer, die sich durch Besonnung schnell erwärmen und fischfrei sind. Auch viele im Wasser lebende Insekten und Pflanzen gedeihen am besten, wenn sie nicht zu stark beschattet sind. Früher sorgte vor allem die Dynamik der großen Flüsse für die Entstehung dieser besonnten Kleingewässer, durch Begradigung und Verbauung gibt es das heute nur noch an wenigen Stellen.

Um die bei der Rekultivierung am Stoa angelegten Kleingewässer als wertvolle Amphibienlaichgewässer mit Wasserpflanzen für Molche, Kröten und Frösche zu erhalten, wurden sie im Winter 2024 von Gehölzen freigestellt und sollen im Laufe des Jahres entlandet werden.

Strukturreiche Lichtung

In der modernen Landschaft sind offene Kiesflächen, wie sie früher durch die Dynamik der großen Flüsse geschaffen wurden, rar geworden. Kiesabbauflächen können nach Ende der Nutzung aufgrund des Rohbodens und des Strukturreichtums, z.B. durch das Relief und die Findlinge, wertvolle Lebensräume sein. Der magere, offene Boden und die Besonnung ermöglichen eine blütenreiche Vegetation im Verbund mit Steinen, Totholz und offenen Bodenstellen. Davon profitieren viele Tierarten: Tagfalter wie der Schachbrettfalter, das Kleine Wiesenvögelchen und die Goldene Acht saugen Nektar an den Blüten von Wildem Dost, Wiesen-Flockenblume und Co. Wildbienen wie die Zwergharzbiene sammeln emsig Pollen und bauen ihre Nester in Totholz, an Steinen oder in der Erde. Sandlaufkäfer, ausgestattet mit kräftigen Beißwerkzeugen, sprinten auf der Jagd nach anderen Insekten über den Kies, Feldgrillen zirpen im Gras und die Zauneidechse sonnt sich auf einem Steinhaufen.

Im Winter 2024/2025 wurde die Lichtung entbuscht, um weiterhin als Lebensraum für Zauneidechse, Sandlaufkäfer und Co. zu dienen. Dafür soll auch der Oberboden im Laufe des Jahres an einigen Stellen abgeschoben werden, um wieder wertvolle Rohbodenstandorte zu bieten.

Magergrünland an den Jungmoränenhängen

Der Inn-Chiemsee-Gletscher hat entlang seiner nördlichen Außengrenze eine Fracht aus Eis und Geröll als sogenannte Endmoräne abgelegt. Nach dem abschmelzen des Gletschers wurden diese wallartigen Ablagerungen durch die Ströme des abfließenden Schmelzwassers zum Teil abgetragen bzw. weggespült. Zurück blieb eine von Hügeln im Wechsel zu flachen Urstromtälern geprägte Landschaft.

Die oft steil ansteigenden Moränenhügel wurden von je her z.B. durch Beweidung oder Heumahd landwirtschaftlich genutzt. Hierdurch entstanden insbesondere an den Südseiten in Form von Magerwiesen oder  Magerrasen sehr artenreiche Lebensräume an denen man z.B. Tagfalter wie den Schwalbenschwanz oder Reptilien wie Zauneidechsen finden kann.

 

links: Karthäuser-Nelken und Wiesen-Bocksbart, rechts: Schwalbenschwanz

In neuerer Zeit wurde die Bewirtschaftung der ertragsschwachen und arbeitsintensiven Hänge vieler Orts aufgegeben, wodurch die an diese Nutzungsform angepassten Tier- und Pflanzenarten mit verschwinden. Um den Verlust dieser seltenen Arten in Folge der Nutzungsaufgabe entgegen zu wirken und die bunte Vielfalt für unsere Nachkommen erlebbar zu halten, werden diese Wiesen gemeinsam mit Landwirten vor Ort wieder in Pflege bzw. Nutzung geführt.

Flachmoore in der Altdorfer Rinne

Am Rande des in Stufen immer wieder gewachsenen und abgeschmolzenen Inngletschers entstanden sogenannte Urstromtäler, durch welche das anfallende Schmelzwasser abgeleitet wurde und als Vorfahren des heutigen Inns zu bzeichnen sind.

Südlich von Haag i.OB sind diese ehemaligen, flachen Flußtäler z.B. bei Altdorf (sog. „Altdorfer Rinne“) gut erlebbar und prägen die dortige Landschaft im Wechsel zu den steil ansteigenden Moränenzügen auf welchem z.B. Haag i.OB liegt.

In den Tallagen entwickelten sich in Folge hoch anstehendem Grundwasser auch großflächige Flachmoore. Diese wurden vieler Orts zur landwirschaftlichen Nutzung  entwässert, wobei sie ihre wertvolle Funktion als Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten sowie als wichtiger Kohlenstoffspeicher für den Klimaschutz verloren.

Kleine Restflächen wie z.B. bei Moos („Schindermoos“) oder direkt bei Altdorf sind bis heute erhalten geblieben. Diese ertragsschwachen Standorte wurden noch bis knapp vor 30 Jahren als sog. Streuwiesen genutzt, um Einstreu für die Viehställe zu gewinnen. Da in der modernen Landwirtschaft diese Art von Einstreu kaum noch Verwendung findet und die Bewirtschaftung unrentabel ist, wurde die Nutzung der Flächen aufgegeben.

Bei Nutzungsauflassung verlieren sie ihre Lebensraumfunktion für die hieran angepassten und lichtbedürftigen stark gefährdeten Tier- und Pflanzenarten wie z.B. die Sumpfschrecke oder den Mädesüß-Perlmuttfalter durch aufkommendes Altgras und Gehölzaufwuchs. Im Rahmen der Landschaftspflege wird gemeinsam mit Landwirten vor Ort deren Pflege durch Entbuschungsmaßnahmen oder eine späte Mahd im Herbst sichergestellt um den Artenreichtum für komende Generationen zu erhalten.

 

Der Großhaager Forst

Der  Großhaager Forst zählt zu einem der wertvollsten Naturschätze im Landkreis Mühldorf a.Inn. Das zusammen mit dem angrenzenden Ebersberger Forst größte zusammenhängende Waldgebiet östlich des Ballungsraums München verfügt über eine beduetende Population der Bechsteinfledermaus sowie Vorkommen weiterer seltener Arten wie z.B. dem Schwarzstorch, der Zweigestreiften Quelljungfer oder dem Kriechenden Scheiberich.

In seiner geologischen Entstehungsgeschichte teilt sich der Großhaager Forst mit Alt- und Jungmoräne in zwei Teile, entlang deren Grenze genau die B12 verläuft. Die Altmoräne befindet sich nördlich hiervon und verfügt über Reste von im Gebiet sehr seltenen Streuwiesen, in der Südhälfte sind in hoher Dichte Toteiskessel mit deren typischem Bewohner dem Kammmolch sowie sehr seltene Lebensräume wie Kalkflachmoore bzw. Kalkquellmoore vorhanden.

Ein Großteil des Großhaager Forst wird durch die Bayerischen Staatsforsten verwaltet und bewirtschaftet. Die Bayerischen Staatsforsten sind gleichzeitg wertvoller Projektpartner, wobei diese Maßnahmenflächen zur Verfügung stellen und teilweise selbst Landschaftspflegemaßnahmen umsetzen.

 

 

Blumenwiese am Kapellenberg

Da staunten die Biologen nicht schlecht:

Im Zuge einer Erfassung der Pflanzenwelt wurden auf der Wiese über 50 verschiedene Arten festgestellt. Die Blumenwiese am Kapellenberg zählt somit zu der artenreichsten Wiese in Babensham und darüber hinaus. Neben dem Wiesen-Salbei und dem Wundklee finden wir hier auch Spezialitäten wie die seltene Knäuel-Glockenblume. Die artenreiche Wiese ist auch bedeutender Lebensraum für viele Schmetterlinge wie den Dickkopffalter, den Schachbrettfalter und den Feuerfalter.

Die Vielfalt kommt durch die trockene und steile Lage am Hang, von der besonders die Blumen profitieren. Ohne die Sorgfalt der Grundstückseigentümer und die extensive Nutzung durch den Landwirt Sepp Mayer wären aber die Arten bestimmt verloren gegangen. An dieser Stelle einen Dank für den Erhalt unserer Schätze!

Seit 2021 wird die Fläche durch den Landschaftspflegeverband mit einem insektenschonenden Balkenmäher gemäht.

 

Blumenwiese am Mühlbach

„Alle helfen zusammen, so soll es sein“. Helmut Liedtke freut sich über die rege Teilnahme am Nachbarschaftsprojekt. Groß und Klein packen zusammen an, walzen den Boden und bringen Samen von Wildblumen aus. Auf dem knapp 1.000 m² großen Grundstück am Mühlbach soll eine Blumenwiese entstehen. Für die moderne landwirtschaftliche Nutzung ist der Fleck zu klein. Aber ohne eine regelmäßige aber extensive Mahd bleibt am Ende nur ein Altgrasfilz ohne Blumen und Schmetterlinge. Daher ist die Pflege wichtig.

Im Frühjahr ist die Fläche schon ganz grün – die Samen sind gekeimt.

 

Toteiskessel bei Mernham

Südlich von Mernham liegt ein kleiner Toteiskessel im Offenland. Dieser  gehört der Gemeinde Babensham. Wir finden hier ein kleines Gewässer sowie Schilfröhricht und ein Weidengebüsch. Noch Ende der 1980er Jahre haben Untersuchungen hier 7 verschiedene Frosch- und Molcharten festgestellt, darunter den Kammmolch und den Laubfrosch. Auch die Waldeidechse und die Ringelnatter waren hier anzutreffen. Die Vielfalt ist jedoch bedroht.

In früheren Zeiten war der Toteiskessel deutlich offener. Aufgrund ausbleibender Nutzung und durch Nährstoffeinträgen ist er immer mehr eingewachsen und mittlerweile durch die Gehölze stark verschattet.

Zusammen mit der Landjugend hat die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Gemeinde, Isabella Eicher, ein Projekt initiiert zum Erhalt der Artenvielfalt. Der Toteiskessel wurde zum Teil entbuscht und die Streu soweit möglich gemäht. Das Schnittgut musste gesammelt und einen Hügel hinaufgezogen und dort auf einen Kipper verladen werden. Die Mädels und Jungs waren sehr engagiert bei der ungewohnten Arbeit dabei und freuten sich danach über die Brotzeit. Vielen Dank an die Helfer und Firmlinge!

Die Schätze erhalten

Landkreisübergreifend bewahren wir in Ebersberg, München, Mühldorf und Rosenheim die verbliebenden Schätze unserer Eiszeitlandschaft und beleben Nutzungsformen der traditionellen Kulturlandschaft wieder wie z.B. die Streuwiesenmahd.

Gemeinsam mit den Landschaftspflegeverbänden setzen wir uns ein für die Pflege, den Erhalt und ggf. die Sanierung von Toteiskesseln, -seen und weiterer einzigartiger landschaftlicher Besonderheiten der Region.

Hierzu möchten wir gerne in freiwilliger Zusammenarbeit mit den Grundeigentümern aus Land- und Forstwirtschaft sowie privaten Besitzern Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen durchführen. Die Maßnahmen werden zu 100% mit Naturschutzfördermittel finanziert.

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Projektgebiet und Umsetzungsbeispiele

 

Weiher Filzen

Die Weiher Filzen liegt östlich von Soyen in einer langgezogenen Talsenke zwischen Weiher und Daim. Nach dem zurückschmelzen des Inn-Gletschers hatte sich hier vermutlich ein Eisrandsee gebildet, der nach dem Abschmelzen des Gletschtschers mehr und mehr trocken fiel. Zurück blieb ein ca. 18 ha großes Moorgebiet – das Größte in der Gemeinde Soyen. Landschaftlich besonders charakteristisch sind die vielen Einzelerhebungen und steilen Hänge in den Randbereichen.

Um das Moorgebiet nutzbar zu machen, wurde im 19. Jahrhundert ein fischgrätenförmiges Grabensystem angelegt mit dem überschüssiges Wasser, aus der von Natur aus abflusslosen Senke, zum Inn abgeführt werden kann. Die nassen Wiesen wurden lange Zeit zur Streugewinnung genutzt, wodurch besonders blumenreiche Nasswiesen entstanden sind. In Notzeiten wurde in der Filzen auch Torf gestochen. In den übrig gebliebenen Gruben entstanden Kleingewässer die einen wertvollen Lebensraum für den Springfrosch darstellen.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Filze immer tiefer entwässert und intensiv landwirtschaftlich genutzt. Von dem ehemaligen Artenreichtum zeugt heute nur noch eine kleine Teilfläche, die dank dem Engagement des Eigentümers bis heute erhalten blieb. Aufgrund der Größe und Schönheit des Gebietes sind wir mit vielen Akteuren im Gespräch um die Weiher Filzen heute zu renaturieren. Engagierte Landwirte, Grundstückseigentümer sowie die Gemeinde Soyen und der Landschaftspflegeverband Rosenheim mähen einen Teil der Wiesen erst ab Mitte Juni und verzichten auf die klassische Düngung . Weiterhin wurden auch mehrere Kleingewässer angelegt für Frösche und Libellen.

[Mehr folgt in Kürze]

Blumenwiesen bei Königswarth

Nahe der ehemaligen Burg Königswarth überquert eine Eisenbahnbrücke das tief eingeschnittene Inntal und verbindet Wasserburg mit Mühldorf. Die Brücke wurde im Jahr 1875/1876 gebaut und war mit einer Höhe von 50 m bis in die 1980er Jahre die höchste Eisenbahnbrücke Bayerns. An den Brückenköpfen verlaufen die Gleise mehrere hundert Meter auf einem Damm, der die artenreichsten Wiesen in der Gemeinde Soyen beherbergt.

Auch wenn der Bahndamm bei Königswarth nicht durch die Eiszeit sondern durch den Menschen enstanden ist, so möchten wir ihn gerne hier aufführen. Als der Inn noch unverbaut und wild war kam es immer wieder zu Abbrüchen an den steilen Geländekanten. Der offene Boden an den trockenen Böschungen wurde schnell von allerhand Blütenpflanzen besiedelt. Auf dem gesamten Abschnitt zwischen Attel und Jettenbach konnte man diese Abrüche finden. Seit dem Uferverbau des Inns in den 1960er Jahren ist dem Fluss aber seine Kraft genommen worden und die ehemals offenen Innleiten sind heute nahezu von Wald zugewachsen. Licht- und wärmebedürftige Arten wie die Zauneidechse oder die Schlingnatter haben ihren natürlichen Lebensraum verloren.

Heute finden wir diese Arten jedoch noch auf dem Bahndamm – hier haben sie einen Ersatzlebensraum gefunden. Der Damm ist ein Refugium für die „Schätze der Eiszeitlandschaft“. Um die Blumenwiesen zu erhalten werden sie einmal im Jahr durch den Landschaftspflegeverband Rosenheim gemäht. Aufgrund der steilen Böschungen kommen hier Spezialgeräte zum Einsatz.